Artist’s statement

Lines define my work. Lines connect, broaden one’s mind and evoke movement. I love the clearness that is provided by black-and-white gravure prints. My art approaches the gestural abstraction and is from immediate natural origin. A certain light defines the expanses of the images – it enlightens and outshines the darkness of cosmic depths. The image emerges by processual treatment of the zinc plates, similar to the treatment of objects. Layer by layer, the spheres of lights are combined artistically. Jet black dry-point fissures release the layer above the endangered brittle grounds at last.

My topic about the endangerment of humans becomes obvious in “Asphodelosgrund”, which can be viewed in the exhibition “Kassandraphaenomen” in St. Afra Abbey. The installations composed of enlightened acryl glass bars capture the space-consuming impulse. They resemble informal drawings of public space. Trieb (Drive), In Gottes Hand (In God’s Hands), Innere Mitte (Inner Balance) and Woge (Wave) are the titles of some of the installations.

I studied Fine Arts at the Dresden University of Applied Sciences at the end of 1970`s and beginning of 1980`s. Ever since I have worked independently at a historical renowned Artists’s Home.
Inspired by scholarships and exhibitions I have attended different graphic ateliers all over the world and finally I now came to the University of Aristotle in Thessaloniki.

Kerstin Franke-Gneuss, Thessaloniki, 2015

artist in residence, AThU Aristotle Thessaloniki University, Teloglio Foundation


„Als Vertraute der Linie kennt Franke-Gneuß deren Wünsche und macht sie sich zu eigen, indem sie sie in die installative Freiheit entlässt.“

Harald Kunde
Kunsthistoriker, Kurator

100 Jahre Künstlerhaus Dresden-Loschwitz, Die Gegenwart, Hsrg. Kunsthaus Dresden, Städtische Galerie für Gegenwartskunst Dresden, A.Kat., 1998


RAUM-LINIEN

Die Volksbank Raiffeisenbank Dresden ehrt mit dieser Ausstellung das künstlerische Werk einer Graphikerin von Rang. Seit 1984 arbeitet Kerstin Franke-Gneuß als Künstlerin freischaffend in Dresden. Studienreisen und Ausstellungen führten sie durch Europa sowie nach Nord- und Lateinamerika. Die Ausstellung in der Villa Eschebach würdigt nicht nur das Schaffen einer kreativen und überaus produktiven Künstlerin aus Dresden, sondern sie ist zugleich eine Hommage an die altehrwürdige graphische Technik des Tiefdrucks. Sei es in der Form der Ätzung, der Aquatinta und der Kaltnadelradierung oder in einer der zahlreichen Kombinationen verschiedener Tiefdruckverfahren.

Seit mehr als dreißig Jahren widmet sich die Künstlerin dieser besonderen graphischen Technik. Einer ihrer Lehrmeister war Roland Ehrhardt, der langjährige und legendäre Drucker von Otto Dix. Das graphische Oeuvre von Kerstin Franke-Gneuß ist zweifelsohne ihr künstlerisches Hauptwerk. Die Arbeit mit den Zink- oder Kupferplatten und dem Prozess der Säureätzung erfordern nicht nur ein ausgeprägtes bildnerisches Vorstellungsvermögen, sondern auch die Begeisterung für einen quasi alchemistischen Umgang mit einer Vielzahl von Materialien und Chemikalien.

Die Motive, von denen sich Kerstin Franke-Gneuß inspirieren lässt, denen sie nachspürt und die sie letztendlich in das Reich der schwarzen Kunst – wie die graphischen Künste auch genannt werden – transformiert, haben alle ihren Ursprung im unmittelbaren Erleben der Natur. Dennoch haben wir weder Landschaftsbilder noch Stilleben vor uns. Das Sehen und Empfinden der Künstlerin, der Widerstand den die Zinkplatte der Radiernadel entgegensetzt und die komplexen chemischen Prozesse führen zu einer vollständigen Ablösung vom ursprünglichen Motiv. Das was dabei einsteht ist aber weniger das Ergebnis einer Abstraktion des Motivs, im Sinne, dass das Gesehene auf das Notwendige reduziert wird, als vielmehr die bildnerische Vergegenwärtigung der Essenz der jeweiligen Situation. Das entstandene Kunstwerk vermag so wieder für die Natur als Ganzes zu stehen. Die Titel der Graphiken unterstützen dieses Spannungsfeld zwischen konkreter Anregung und allgemeiner Gültigkeit: „Erwartung“, „Regung“, „Moment“, „aufsteigen“, „in Bewegung“. Dennoch können sich beim Betrachten der Blätter Assoziationen zu Bäumen oder einzelnen Ästen sowie zu Gestrüpp und Gräsern einstellen, auch zu Gesteins- und Landschaftsformationen. Ebenso liefert Fließendes bildnerische Anregung und emotionalen Widerhall zugleich. Das Liquide kann als ein Grundcharakter einer Vielzahl der Arbeiten von Kerstin Frank-Gneuß gesehen werden. In den jüngsten Arbeiten tritt ab und an auch der Gegenpol dazu – das Kristalline – gestalterisch in Erscheinung.

Sämtliche Drucke der Künstlerin sind handwerklich auf höchstem Niveau realisiert. Die unterschiedliche Dichte der graphischen Strukturen „verwandelt“ das Trägermedium der Lineaturen – das Papier – in eine tiefe Räumlichkeit. Auf diese Art und Weise die können die Graphiken insgesamt auch als Allegorie auf die Vielfalt der Wirklichkeit verstanden werden, und sie sind im gleichen Atemzug Pretiosen der Druckkunst. Die Souveränität im Umgang mit den handwerklichen und künstlerischen Mitteln verleihen dem Werk von Kerstin Franke-Gneuß eine große Autonomie und Aufrichtigkeit, ihr geht es niemals um eine schnelle Geste, um die gefällige Form. Darin liegt auch der Grund, dass im Umgang mit ihren Graphiken für den Betrachter ein anhaltendes und anregendes Zwiegespräch beginnt.

Dr. Gisbert Porstmann
Direktor Städtische Galerie Dresden

Kunst in der Villa Eschebach 2014 Flyer als PDF


Innere Mitte

Skulptur, Gustav-Adolf-Platz, 01277 Dresden

Zwischen Gustav-Adolf-Platz und Großem Garten verläuft der Kaitzbach in einem unterirdischen Flussbett und ist längst aus dem Bewusstsein der Passanten und Autofahrer verschwunden. Ein Kreisverkehr in der Mitte des Gustav-Adolf-Platzes wird mittels einer fluoreszierenden Plastik von Kerstin Franke-Gneuß zum Gedenkort für das schmale Gewässer.
Die Strömungen und Wirbel des Flüsschens haben sich gleichsam über die Erdoberfläche erhoben und ziehen besonders im Dunkel die Aufmerksamkeit der hier Vorüberfahrenden und -gehenden auf sich. Dabei erinnern die Linienbündel in ihrer Farbgebung von Rot und Blau sowohl an Wasseradern wie auch an Blutgefäße – beides Symbole für Lebendigkeit. Die Vitalität des Kunstwerks wird von der scheinbar ungeordneten Fülle der Lichtschlangen unterstrichen – hier wird die Kräfte des Fließens und Pulsierens gleichermaßen verkörpert. Die Künstlerin selbst erklärt ihre Arbeit als ein Wechselspiel der Energien folgendermaßen: „Transformierende Kräfte, die dem Wasser immanent sind, in seinem Bezug zu Erde und Luft zeigen sich in der Dynamik der sparsamen roten Linienverläufe. Auf das Untergründige des Bachverlaufs weist die abendlich aufglimmende Lichtstrahlung der Plastik. Die Verbindung von Nacht, Grund und Licht verinnerlicht den verborgenen und erneuernden Charakter des Wassers.“
Nach sechs Jahren von MNEMOSYNE-Aktivitäten, die eher temporär, flüchtig und performativ angelegt waren, bildete die „Innere Mitte“ die erste langfristige Manifestation des Wasser-Kunst-Wegs. Sie nimmt die signalhafte Wirkung auf, die Kerstin Franke-Gneuß bereits 1996 mit ihren Installationen „Lichtrisse“ an der Mauer der Brühlschen Terrasse, sowie „Treiblicht“ am Turm der Technischen Sammlungen Dresden und 1997 auf dem Dach der Semperoper erprobt hatte. Mit den räumlichen Verknäuelungen blieb die Künstlerin auch ihren grafischen und zeichnerischen Prinzipien treu, die durch gestische und sehr musikalische Konzentrationen von Linien bestimmt sind.

Susanne Altmann
Kunsthistorikerin, Kuratorin

MNEMOSYNE WasserKunstWeg der Dresdner Sezession 89 e.V., Hrsg. Landeshaupstadt der Stadt Dresden, Amt für Kultur und Umweltschutz, Dresden, 2009 Projektheft als PDF


Sphärenlinien

Bereits ab Mitte der 1990er Jahre festigte sie sich einen guten Namen als Lichtkünstlerin. Informelle Linien in rot, gelb oder blau leuchtendem Acrylglas bilden ihr Markenzeichen. Weithin sichtbar lässt die Künstlerin ihre aus feinsten Bündelungen geformten Lichtobjekte auf Dresdens berühmten Plätzen erstrahlen, wie: 1996 „Lichtrisse“ an der Festungsmauer der Brühlschen Terrasse; 1997 „Schattenglut“ auf der Semperoper oder 1998 in die „Vierte Linie“ anlässlich „100 Jahre Künstlerhaus Dresden“.

Die eigens 2003 für den über einhundertjährigen ehrwürdigen Görges-Bau geschaffene blaue „Kaskade“ aus eben jenem lichtsammelnden Acrylglas präsentiert sich als locker anmutendes Werk von suggestiver Anziehung, schön und faszinierend, als eine große informelle Zeichnung an der Wand.

Ihren Ruf einer ausgezeichneten  Graphikerin, insbesondere auf dem Gebiet der alten, klassischen Techniken der  Radierung, präsentiert Kerstin Franke-Gneußl vortrefflich.
Als „Linien des Windes“ I – III und „Introversion“ sind diese auf Hahnemühle-Bütten und von der Künstlerin eigenhändig gedruckten Blätter betitelt.
In ihnen vereint sich jener Zauber, der einzig unter den graphischen Techniken bei meisterlicher Handhabung von Kaltnadel und ausgewogener Ätzung der Radierung eigen sein kann. Geheimnisvoll sind von der Künstlerin die Linien in einen imaginären Raum gezogen.
Diese Linien halten inne in ihren Bahnen und scheinen, einmal zart und einmal schwer, sich als Strahlen in einem samtenen Körper unseren Blicken zu entziehen.
Das graphische Blatt sendet seine Botschaft in verborgenen Scripturen.

Reinhild Tetzlaff
Kunsthistorikerin, Kuratorin

kunstblätter 2, Kerstin Franke-Gneuß, Hrsg. Freundeskreis der Universitäts-sammlungen.Kunst+Technik der Technischen Universität Dresden, 2009 Text: Unendlichkeit der Linie als PDF


LINEATUREN

Es sind Momentaufnahmen, die Kerstin Franke-Gneuß in ihren Radierungen festhält, feingliedrige Kompositionen in Schwarz – Weiss, die sich in der Schwebe zwischen Stabilität und Zerfall zu befinden scheinen. Das jüngere Radierwerk der Dresdener Künstlerin ist geprägt von großer künstlerischer Intensität und Dichte. Die bei aller Variabilität der Linie stets kraftvollen Arbeiten sprechen eine eindringliche, empfindsame Sprache, die fasziniert und den Betrachter in ihren Bann zieht.
Kerstin Franke-Gneuß findet ihre Motive in der Natur, die ihr stets Quelle und Urgrund des künstlerischen Arbeitens ist. Aufgewachsen in Weinböhla und seit vielen Jahren am Dresdener Elbhang ansässig, war der direkte Kontakt zur Natur ihr immer ein starkes Bedürfnis. Die natürliche Außenwelt in ihren stets wechselnden Zuständen ist so zum zentralen Thema ihres grafischen Werkes geworden. Die feinen Abstufungen und Schattierungen des Lichtes in einer Landschaft, die stürmischen oder kaum spürbaren Luftbewegungen, das Fließen, Plätschern oder Strömen eines Wasserlaufes – mit feinem Gespür und großer Wachheit scheint die Künstlerin alles dies aufzunehmen und in ihrer bevorzugten Ausdrucksform, der Radierung, festzuhalten. Ihre besondere Aufmerksamkeit gilt dabei der Schilderung von Naturzuständen, die sich im Übergang, im Zustand der Veränderung oder Auflösung befinden. In Arbeiten wie „Meerlicht“ (2009) ist die Instabilität der Situation, der bevorstehende Zerfall des Geschilderten, beinahe körperlich spürbar. Diese Radierungen sprechen vom Transitorischen der Natur, von Windbewegungen in Bäumen und Pflanzen, von Wanderungen des Lichts auf unterschiedlichen Oberflächen, von der Unruhe des Wassers, vom Wechsel der Aggregatzustände. Die Formen und Gefüge, in denen Kerstin Franke-Gneuß sich diesen in der Natur erlebten Zuständen künstlerisch nähert und sie zu fixieren sucht, bilden in ihren Arbeiten vielschichtige Gespinste und kristallines Flechtwerk, ähneln Schleiern oder dichten, unregelmäßigen Netzen. Naturbildungen und gleichsam organisch gewachsene Strukturen scheinen in künstliche, erdachte Gebilde überzugehen. Die Grenze zwischen beiden Welten ist fließend in den Schöpfungen von Kerstin Franke-Gneuß.
Wie in der unbelebten und belebten Natur, so vollziehen sich in diesen Graphiken Anspannung und Entspannung, wird das Eindringen in tiefere (Bewußtseins)schichten möglich, wechseln Schwanken und Festigkeit, Angst und Entschlossenheit. Diese Radierungen können eine „Zuflucht“ bieten – so auch der Titel eines Blattes der Künstlerin – die über äußerliches weit hinaus geht, und der Wirkung von Lyrik wohl vergleichbar ist. Die Affinität der Künstlerin zu dieser Gattung, insbesondere zu den hochsubtilen, vieldeutigen Versen der osteuropäisch geprägten Autorin Ilma Rakusa, auf deren Werk sie auch mit einigen ihrer neuesten Arbeiten („Mehr Meer“ 2009) direkt reagiert, ist naheliegend.

Dr. Uta Neidhardt
Oberkonservatorin Gemäldegalerie Alte Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Kerstin Franke-Gneuß LINEATUREN, Radierungen und Installationen 1996-2010, Hrsg. Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, Dresden, 2011 Katalogtext als PDF


Lichtung

Kerstin Franke-Gneuß hält an ihrem ursprünglichen Ausdrucksmittel der Linie fest. Erlebbar und umsetzbar ist das Prinzip des Striches besonders in ihrem Basismedium, der Radierung. Die Linie muß hier geritzt, ja bisweilen eingegraben werden. Die freie Bewegung der Hand muß gegen den Widerstand der Druckplatte durchgesetzt werden. Oftmals verdecken jedoch subtile Kompositionen die physische Anstrengung der Künstlerin. Durch die Radiernadel gelingen ihr gezielte Aussprengungen und Grate, welche sich im Druck als  Verdickungen, Verschattung und unscharfe Konturen manifestieren. Kerstin Franke-Gneuß arbeitet mit dem Prinzip der Schichtung und Überlagerung von Lineaturen, um Prozesse und Ereignisse der Natur und des menschlichen Bewusstseins äquivalent formulieren zu können. Sie nutzt die Simultaneität der Darstellung um Zeitschichten und Bewegungsabläufe einfangen zu können. So ergeben sich Strukturen, welche einem Dickicht oder feinen Gespinsten vergleichbar sind.
In der Radierung sind es oftmals vertikale Linien, die sich als kraftvolle, abrupte Hiebe, Stiche oder Schnitte auf dem Papier abbilden.

Im malerischen Oeuvre von Kerstin Franke-Gneuß wird neben dem Prinzip der Schichtung und Überlagerung die Bedeutung der Farbe evident. So erzeugt sie mit Gouache, Tusche, Kreide und Acryl durch spitzgliedrige, zuweilen splittrige Farbformen eine transitorische Bildstimmung, die beispielsweise unmittelbar an wandelndes Wetter erinnert. Tiefleuchtende Farbakkorde erscheinen wie die Äußerung der Erinnerung an Licht und Wasser und der Schwung, der die Komposition bestimmt, mutet an wie ein Ausdruck von aufkommendem Wind.
Der Reichtum, der vom wechselnden Licht getränkten Natur und ihre Transformation durch die Malerei ist zugleich der Ursprung reicher Erlebnisse. Reich im Sinne einer intellektuellen Sensibilität, die ihrerseits materielle Erfahrung und wissenschaftlich-analytische Ordnungen überwindet und in welcher eine mythisch-religiöse Grundstimmung durchbricht.
Das Verdienst der Künstlerin ist es, ihre tiefe Erlebnis- und Wahrnehmungsfähigkeit im Umgang mit dem Stoff der Natur und der eigenen Erkenntnis, für den Betrachter partiell verfügbar zu machen.

Katharina Arlt
Kunsthistorikerin, Kuratorin

Ev.-luth. Pfarramt Coswig-Brockwitz 2006 Eröffnungsrede als PDF